Der Sportsektor hat sich inzwischen zu einem prosperierenden Milliardengeschäft entwickelt. Sportveranstaltungen werden zunehmend größer vermarktet, Lizenzspielerabteilungen immer häufiger in Kapitalgesellschaften ausgegliedert, das Phänomen der Mehrfachbeteiligungen von Investoren an Vereinen gewinnt an Präsenz und neue Einnahmequellen – etwa im Bereich des eSports – werden kontinuierlich erschlossen. Diese Entwicklungen führen jedoch gleichzeitig dazu, dass Sportinstitutionen und -organisationen immer mehr regulatorische Anforderungen zu erfüllen haben, weshalb wirksame Compliance-Strukturen an Bedeutung gewinnen. Welche Compliance-Risiken sich aktuell besonders für Akteure des Sportsektors ergeben, soll in diesem Artikel näher beleuchtet werden.
Einleitung
Auf dem Sportplatz spielt der Fairplay-Gedanke seit jeher eine zentrale Rolle: Spielregeln müssen eingehalten werden und bei Verstößen drohen Sanktionen wie Platzverweise, Sperren oder Punktabzüge. Doch auch abseits des Platzes sind Akteure des Sports verpflichtet sich an die Spielregeln zu halten und rechtstreu zu handeln.
Wider Erwarten verfügen zahlreiche Sportvereine und -verbände jedoch – anders als die meisten „klassischen“ Wirtschaftsunternehmen – nach wie vor noch nicht über umfangreiche Compliance-Strukturen, um mögliche Haftungsrisiken für die Organisation als solche oder ihre Mitarbeiter zu minimieren. Regelmäßig gerät die Einhaltung von straf- oder bußgeldrechtlichen Vorschriften daher erst dann ins Blickfeld von Sportakteuren, wenn es bereits zu einem Gesetzesverstoß oder dringenden Verdachtsmomenten gekommen ist. Immer wieder geraten Sportler, Trainer, Funktionäre, Vereine oder Verbände deshalb ins Visier behördlicher Ermittlungen, die nicht nur empfindliche Sanktionen, sondern auch erhebliche mediale Reputationsverluste nach sich ziehen können.
In der Praxis lässt sich aktuell beobachten, dass besonders die Compliance-Themen Geldwäscheprävention, Korruptionsbekämpfung, die Aufklärung von Belästigungs- bzw. Missbrauchsvorfällen sowie die wachsende Relevanz von Wirtschaftssanktionen für Sportvereine und -verbände an Bedeutung gewinnen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet diese Compliance-Risiken im Sportbereich näher und zeigt auf, welche rechtlichen Fallstricke für betroffene Akteure bestehen können.
Geldwäscheprävention
Im professionellen Sportbetrieb werden oftmals, teils sehr kurzfristig, hohe Geldbeträge zwischen verschiedenen Parteien hin und her überwiesen. Zu denken ist etwa an Zahlungen im Rahmen von Spielertransfers, Sponsorenverträgen oder auch Preisgeldern. Sobald Zweifel an der Herkunft dieser Mittel aufkommen, stehen Sportorganisationen jedoch häufig vor der Frage, ob die Annahme solcher Gelder rechtlich überhaupt zulässig ist. Denn wer Gelder aus einer kriminellen Vortat annimmt (d.h. Gelder, die aus illegalen Geschäften des Vertragspartners stammen), kann sich leicht nach § 261 Abs. 1 StGB wegen Geldwäsche strafbar machen. Für die unmittelbar handelnde Person auf Seiten des Sportvereins- oder -verbandes (etwa den Transferverantwortlichen) können dann schnell empfindliche Freiheits- oder Geldstrafen im Raum stehen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil anders als bei vielen anderen Straftatbeständen bereits leichtfertiges Handeln – also kurz gesagt grobe Fahrlässigkeit – ausreichen kann, um den Straftatbestand der Geldwäsche zu erfüllen (vgl. § 261 Abs. 6 StGB). Daneben drohen aber auch den Leitungspersonen eines Vereins oder Verbandes – etwa Sportdirektoren, Vorständen oder Präsidenten – Bußgelder von bis zu einer Million Euro, wenn es infolge von Aufsichtspflichtverletzungen zu Geldwäschehandlungen innerhalb der Organisation gekommen ist (vgl. § 130 OWiG). Und auch gegen den Verein oder den Verband selbst können empfindliche Geldbußen von bis zu zehn Millionen Euro verhängt werden (vgl. § 30 OWiG); darüber hinaus ist eine Abschöpfung rechtswidrig erlangter Gewinne möglich (§ 17 Abs. 4 OWiG).
Vor diesem Hintergrund zeigt sich die Notwendigkeit für Sportvereine und -verbände die Herkunft eingehender Gelder bei Verdachtsmomenten stets sorgfältig zu überprüfen. Dies gilt insbesondere bei eingehenden Zahlungen aus geldwäscherechtlich risikobehafteten Ländern, bei komplexen Zahlungsstrukturen sowie bei auffällig hohem Zeitdruck seitens des Vertragspartners ohne erkennbaren Grund. Sofern noch nicht vorhanden, sollten daher robuste Compliance-Maßnahmen in die Geschäftsabläufe von Sportvereinen und -verbänden integriert werden, um Geldwäscherisiken frühzeitig zu erkennen und wirksam zu kontrollieren. Besondere Relevanz hat dies für Profifußballvereine und Fußballvermittler: Durch das jüngste EU-Geldwäschepaket und die darin enthaltene Verordnung (EU) 2024/1624 gelten sie ab dem 10. Juli 2029 als geldwäscherechtlich „Verpflichtete“. Ab diesem Zeitpunkt sind sie zur Einhaltung umfangreicher geldwäscherechtlicher Sorgfaltspflichten verpflichtet, die bei bestimmten Transaktionen relevant werden können.
Korruptionsbekämpfung
Neben Geldwäscherisiken zählen auch Korruptionsrisiken zu häufigen strafrechtlichen Herausforderungen, mit denen sich Akteure des Sportsektors konfrontiert sehen. Dabei geht es nicht nur um medial stark beachtete Themen wie die Vergabe von (Groß-)Veranstaltungen oder großvolumigen Sponsoringverträgen, sondern gerade auch um alltäglichere Situationen, in denen wirtschaftliche Interessen mit persönlichen Vorteilen kollidieren können. Typische Beispiele sind etwa Geschenke von Sponsoren an Vereinsmitarbeiter, Provisionen bei Spielertransfers oder exklusive VIP-Einladungen an Amtsträger.
Ob solche Zuwendungen strafrechtlich relevant sind, richtet sich maßgeblich nach § 299 StGB im privatwirtschaftlichen Bereich bzw. nach §§ 331 ff. StGB bei Amtsträgern. Entscheidend ist dabei regelmäßig die Frage, ob die Vorteilsgewährung noch als „sozialadäquat“ anzusehen ist, d.h. ob der Vorteil noch eine zulässige, sozialübliche Zuwendung darstellt. Gerade diese Einschätzung kann im Einzelfall schwierig sein und erfordert daher stets eine genaue Prüfung der konkreten Umstände. Neben einer strafrechtlichen Relevanz können im Bereich der Korruption zudem wieder Bußgeldrisiken für Leitungspersonen eines Sportvereins oder -verbandes sowie für die Organisation selbst entstehen (vgl. §§ 130, 30 OWiG).
Um entsprechende Risiken und Abgrenzungsfragen zu vermeiden, sollten Sportvereine und -verbände daher klare Antikorruptions-Compliance-Maßnahmen in ihrem Geschäftsbetrieb umsetzen. Dazu zählen insbesondere verbindliche Richtlinien für Geschenke und Einladungen, regelmäßige Schulungen von Mitarbeitern zur Sensibilisierung, transparente Entscheidungsprozesse zur Nachvollziehbarkeit kritischer Vorgänge sowie ein niederschwelliges Hinweisgebersystem zur Meldung potenzieller Verstöße.
Whistleblowing und sexualisierte/interpersonale Gewalt
Ein besonders sensibler compliancerechtlich-relevanter Bereich im Sport ist der der sexualisierten und interpersonalen Gewalt. Machtsymmetrien, Abhängigkeitsverhältnisse und eine oftmals hierarchisch organisierte Trainings- und Vereinskultur sorgen zuweilen dafür, dass der Sport für eine Vielzahl von Gewaltformen – sowohl physischer als auch psychischer Natur – besonders anfällig ist. Besonders betroffen sind dabei häufig junge Athleten, deren Karrierechancen stark von Trainern und Funktionären abhängen. Die verschiedenen Formen sexualisierter Gewalt werden im deutschen Strafrecht weitestgehend unter den „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ erfasst (§§ 174 ff. StGB). Insbesondere wenn Vereinsfunktionäre oder sonstige Vereinsverantwortliche im Rahmen strafrechtlich relevanter (Gewalt-)Handlungen die Autorität ihrer Ämter in Anspruch nehmen (wie dies bspw. bei Trainern der Fall sein kann) oder die sportspezifischen Situationsparameter die strafrechtlich relevante Handlung erst ermöglichen, liegt darin i.d.R. auch eine compliancerechtlich-relevante betriebsbezogene Zuwiderhandlung i.S.d. §§ 30, 130 OWiG.
Trotz wachsender medialer Aufmerksamkeit und einzelner Aufdeckungen in jüngster Zeit dürfte die Dunkelziffer in diesem Bereich besonders hoch sein, da Betroffene aus Angst vor Repressionen oder Stigmatisierung häufig schweigen. Eine (ggf. interdisziplinäre) Aufarbeitung sowie präventive Maßnahmen, etwa durch unabhängige Meldesysteme, die Implementierung von Good Governance-Funktionen und Sensibilisierungstrainings, sind essenziell, um langfristig (rechts-)sichere und respektvolle Strukturen im Profi- und Amateursport zu etablieren.
Insbesondere die Themen Hinweisgeberschutz und Athletenrechte haben in diesem Kontext in letzter Zeit durch engmaschigere nationale und internationale Regulierung sowie durch das Engagement von Vereinen, wie z.B. Athleten Deutschland e.V., an Fahrt und Visibilität aufgenommen. So sind etwa Vereine, Verbände und Sportunternehmen ab 50 Mitarbeitenden auch durch das Hinweisgeberschutzgesetz dazu verpflichtet entsprechende Hinweisgebersysteme einzurichten, über die Betroffene dann (ggf. anonym) Hinweise zu möglichen Rechts-, Compliance- bzw. Integritäts-Verstößen melden können. Auch im Rahmen von Großveranstaltungen – wie jüngst der UEFA-Europameisterschaft 2024 in Deutschland – sind entsprechende Meldekanäle und Beschwerdeverfahren eingerichtet worden, um potentielle Verstöße gegen Menschenrechte, ethische Standards und andere rechtliche Verstöße aufzunehmen, zu bewerten und ggf. an behördliche Stellen zu eskalieren.
EU-sanktionsrechtliche Implikationen
Einen zuweilen noch unterschätzten compliancerechtlich-relevanten Bereich im Sport stellen EU-Sanktions- bzw. Embargomaßnahmen dar. Dabei ist es so, dass die Strukturen und Mechanismen im Sportsektor eine Vielzahl von sanktionsrechtlichen Compliance-Risiken für Sportvereine, Verbände, Funktionsträger und sonstige Akteure implizieren (können). Die sanktionsrechtlichen Einfallstore können hierbei vielfältig sein und reichen – je nach anwendbarem EU-Sanktionsregime – von „klassischen“ personenbezogenen Maßnahmen (insbesondere Bereitstellungsverbote und Einfriergebote) bis zu güter-, kapitalmarkt- und finanzbezogenen Maßnahmen.
Besonders anschaulich werden EU-sanktionsrechtlich-relevante Compliance-Risiken im Kontext von internationalen Spielertransfers. Hierbei haben die betroffenen Vereine insbesondere sicherzustellen, dass gelisteten Personen bzw. solchen Personen, die EU-sanktionsrechtlich im „Eigentum“ oder unter der „Kontrolle“ einer sanktionierten Person stehen, keine „Gelder“ oder „wirtschaftliche Ressourcen“ zur Verfügung gestellt werden bzw. ihnen (mittelbar) zugutekommen (sog. mittelbares Bereitstellungsverbot). In Anbetracht des weiten tatbestandlichen Verbotsverständnisses, können hierunter nicht nur Transferentschädigungen fallen, sondern auch bereits der Abschluss eines entsprechenden Transfervertrages oder die Übertragung von Spieler-/Transferrechten. Im Rahmen der Transferzahlungsabwicklung können dann im Einzelfall auch sektorale Sanktionsmaßnahmen der EU, wie z.B. Transaktions-, Investitions- oder Einlagenverbote, eine Rolle spielen.
Vor dem Hintergrund eines immer komplexer werdenden regimeübergreifenden Regelungsdickichts, einer zunehmenden Verschärfung und Harmonisierung des europäischen Sanktionsstrafrechts sowie nicht zuletzt angesichts unkontrollierbarer Reputationsrisiken, sollten betroffene Sportakteure daher – unter Beachtung der sportspezifischen Eigenheiten – ihr konkretes sanktionsrechtliches Risikoprofil und -potenzial ermitteln, denn eine sanktionsrechtliche Bereichsausnahme für den Sportsektor existiert bislang nicht.
Fazit
Die angerissenen Themenfelder machen deutlich, dass Akteure des Sports in zunehmendem Maße mit komplexen rechtlichen Anforderungen im Bereich der Compliance konfrontiert werden. Eine gezielte Auseinandersetzung etwa mit geldwäscherechtlichen, korruptionsbezogenen, interpersonalen oder sanktionsrechtlichen Risiken ist daher unerlässlich, um Haftungsrisiken zu minimieren und rechtskonforme Abläufe im Sportbetrieb zu gewährleisten. Der Fairplay-Gedanke sollte daher nicht nur als sportliches Ideal verstanden werden, sondern auch als Leitbild für rechtskonformes Handeln innerhalb von Sportinstitutionen und -organisationen.