Die neue Ampel-Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, die „Whistleblower-Richtlinie“ der EU in nationales Recht umzusetzen und damit Hinweisgebende bei der Meldung von Verstößen besser zu schützen. Damit unternehmen die Parteien einen neuen Anlauf, ein bereits in der vergangenen Legislaturperiode vorgeschlagenes Hinweisgeberschutzgesetz auf den Weg zu bringen und auch Verstöße gegen nationales Recht meldefähig zu machen. Die Umsetzungsfrist für die Richtlinie läuft am 17. Dezember 2021 ab. Für kleinere Unternehmen mit bis zu 250 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind entsprechende Rechts- und Verwaltungsvorschriften erst Jahre zwei später in Kraft zu setzen.

Schon die Große Koalition hatte ein Hinweisgeberschutzgesetz veröffentlicht, das der Gesetzgeber aber vor der Bundestagswahl nicht mehr verabschiedete. Nunmehr haben die Ampel-Parteien das Thema wiederaufgenommen und regeln im Koalitionsvertrag:

„Whistleblowerinnen und Whistleblower müssen nicht nur bei der Meldung von Verstößen gegen EU-Recht vor rechtlichen Nachteilen geschützt sein, sondern auch von erheblichen Verstößen gegen Vorschriften oder sonstigem erheblichen Fehlverhalten, dessen Aufdeckung im besonderen öffentlichen Interesse liegt.

Damit gehen die Parteien über die Vorgaben der zugrundeliegenden EU-Whisteblower-Richtlinie (2019/1937) hinaus, die auf Verstöße gegen Unionsrecht beschränkt war. Dass auch „sonstiges erhebliches Fehlverhalten“ gemeldet werden können soll, dürfte dem Umstand Rechnung tragen, dass die Einordnung des Verstoßes oft nicht eindeutig ist. Anforderung bleibt indes die „Erheblichkeit“ des Verstoßes oder des Fehlverhaltens – dies steht im Einklang mit früheren Stellungnahmen der Datenschutz-Aufsichtsbehörden zum Whistleblowing, die ausuferndem Meldewesen in Betrieben und Verwaltung vorbeugen wollten.

Obwohl eine unmittelbare Wirkung der EU-Whistleblower-Richtlinie ab dem 17.12.2021 mangels Umsetzung in nationales Recht eher zweifelhaft ist, können auch deutsche Unternehmen sich bereits jetzt sinnvoll auf das neue Gesetz vorbereiten. Gemäß der Richtlinie müssen unter anderem alle Unternehmen mit über 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Möglichkeiten anbieten, Verstöße intern zu melden. Dafür bieten sich etwa Whistleblowing-Hotlines an. Verstöße dürfen künftig nicht nur Angestellte, sondern auch Anteilseigner, Vorstandsmitglieder, Aufsichtsräte oder sogar Beschäftigte von Auftragnehmern und Lieferanten melden. Diese erhalten in der Folge etwa Schutz vor Repressalien und eine Haftungsbefreiung, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Dies dürfte neue Herausforderungen bei der arbeits- und datenschutzrechtlichen Compliance der Meldeverfahren mit sich bringen. Abzuwarten bleibt ferner, ob der deutsche Gesetzgeber auch anonyme Meldungen in den Schutzbereich des Gesetzes aufnehmen wird. Auch Sanktionen für die Meldung wissentlich falscher Informationen kann der Gesetzgeber festlegen.

Unser Team berät Sie gern zu Aspekten der Whistleblower-Richtlinie und hält Sie über das deutsche Gesetzgebungsverfahren auf dem Laufenden. Bei Rückfragen kontaktieren Sie uns gern.

 


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