Der Bundestag hat im Oktober das Wohnungsbau-Beschleunigungsgesetz (sog. „Bau-Turbo“ – BT-Drs. 21/781) verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist es, den Wohnungsbau in Deutschland zu beschleunigen, bürokratische Verfahren zu vereinfachen und die Schaffung dringend benötigten Wohnraums zu fördern.
Kurz darauf lockerte Baden-Württemberg die Vorgaben für Bauvorhaben der Bundeswehr als Teil des „Aktionsplans Infrastruktur der Zeitenwende“.
Mehr Möglichkeiten für Ihr Bauvorhaben
Die Gesetzesänderungen bieten erhebliche Chancen für die Beschleunigung des Wohnungsbaus, insbesondere durch mehr Flexibilität und kommunale Steuerungsmöglichkeiten. Für Investoren, Kommunen und Eigentümer ergeben sich so neue Handlungsspielräume.
Daneben sorgen die Erleichterungen für Bauvorhaben der Bundeswehr dafür, dass das großzügige Investitionsprogramm der Bundesregierung in die Tat umgesetzt werden kann. Das Projekt- und Bauvolumen wurde im vergangenen Jahr laut Infrastrukturbericht der Bundeswehr um 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 1,6 Mrd. Euro erhöht. Bei der „Dritten Fachkonferenz Infrastruktur“ Anfang Oktober 2025 verkündete Verteidigungsminister Boris Pistorius, dass er plane, 270 Kompaniegebäude in Auftrag zu geben – Baubeginn sei bereits 2027. Von dieser „Zeitwende“ profitiert auch Immobilienbranche als Ganzes.
Änderungen im Baugesetzbuch
Die neuen Regelungen sind insbesondere dann relevant, wenn Sie über die Vorgaben eines bestehenden Bebauungsplans hinaus oder in einem Gebiet ohne vorhandene Bauleitplanung planen wollen. Es ist zu erwarten, dass Baugenehmigungen für den Wohnungsbau in Zukunft einfacher und schneller erteilt werden und aufwendige Verfahren zur Änderung oder Aufstellung eines Bebauungsplanes vermieden werden können. Die Erleichterungen gelten für die Errichtung neuer Wohngebäude, Erweiterungen, Änderung und Erneuerungen bestehender Gebäude und die Nutzungsänderung von Gewerbe- zur Wohnnutzung.
Befreiungen von Festsetzungen eines Bebauungsplans
Mit Zustimmung der Gemeinde kann im Einzelfall oder nun auch in mehreren vergleichbaren Fällen von den Festsetzungen des Bebauungsplanes zugunsten des Wohnungsbaus abgewichen werden, sofern die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Das betrifft beispielsweise zusätzliche Geschosse (Aufstockung), Anbauten oder eine dichtere Bebauung (Hinterlandbebauung und Bauen in zweiter Reihe) als ursprünglich vorgesehen. Darüber hinaus kann eine Abweichung von der Art der geplanten baulichen Nutzung (reines Wohngebiet oder Gewerbegebiet) genehmigt werden.
Mehr Möglichkeiten im unbeplanten Innenbereich
Auch wenn kein Bebauungsplan besteht, ermöglicht die Neufassung von § 34 BauGB im unbeplanten Innenbereich künftig von den Vorgaben des Einfügens in die nähere Umgebung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung und der überbauten Grundstücksfläche abzuweichen. Auch hier wird eine dichtere und höhere Bebauung ermöglicht, wenn das Vorhaben städtebaulich vertretbar ist und nachbarliche Interessen gewahrt werden.
Abweichung von den Vorgaben des Baurechts
Auch der neu eingeführte § 246e BauGB (sogenannter „Bauturbo“) erlaubt weitgehende Abweichungen von den Vorgaben des BauGB und der Baunutzungsverordnung („BauNVO“) – befristet bis zum 31.12.2030. Abweichungen sind möglich bei Neubauten, Erweiterungen, Änderungen oder Erneuerungen von Gebäuden, wenn dadurch neuer Wohnraum geschaffen wird. Auch die Nutzungsänderung hin zu Gebäuden mit Wohnzwecken wird erleichtert.
Von den zulässigen Abweichungen sind nach § 246e Abs. 5 BauGB auch Anlagen umfasst, die den Bedürfnissen und Läden, die zur Deckung des täglichen Bedarfs der Bewohner dienen. Hierunter fallen nicht nur klassische Einzelhandelsbetriebe, sondern allgemein gewerblich genutzte Räume mit Kunden- oder Publikumsverkehr, etwa für den Verkauf von Waren, die Vermietung oder die Erbringung versorgungsspezifischer Dienstleistungen. Ein Bäcker oder ein kleiner Supermarkt können demnach grundsätzlich unter diese Regelung fallen. Nicht erfasst davon sind jedoch Läden, die aufgrund ihrer Größe geeignet sind, in größerem Umfang Kunden aus anderen Gemeindeteilen anzuziehen.
Grenzen der Erleichterungen
Einschränkendes Kriterium ist die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Interessen und nachbarlichen Belangen: Eine Unvereinbarkeit liegt insbesondere dann vor, wenn von Festsetzungen zugunsten von Flächen für Wohnungen von Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf, einschließlich solcher Festsetzungen, die die bauliche Gestaltung der Wohnfläche im Hinblick auf die Barrierefreiheit betreffen, abgewichen wird. Auch dürfen keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sein, andernfalls ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen.
Zustimmungserfordernis der Gemeinde (§ 36a BauGB)
Für Befreiungen oder Abweichungen vom Bebauungsplan ist die Zustimmung der Gemeinde zwar erforderlich. Entscheidet die Gemeinde allerdings nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten, gilt die Zustimmung als erteilt. Es besteht jedoch kein Rechtsanspruch auf die Zustimmung der Gemeinde, sie kann die Zustimmung ablehnen oder an Bedingungen knüpfen, wie die Einhaltung einer Sozialwohnungsquote, Vorgaben zur Barrierefreiheit oder städtebauliche Verträge, in der die Beteiligung an Infrastrukturkosten geregelt werden. Inwieweit die Gemeinden hierbei ihr planungsrechtliches Mitbestimmungsrecht ausüben werden, bleibt abzuwarten.
Förderung von Bauvorhaben der Bundeswehr
Durch das Baden-Württembergische Gesetz zur Förderung von Bauvorhaben der Bundeswehr vom 30. Oktober 2025 wird die Bundeswehr beim Bau von Anlagen, die der Verteidigungsfähigkeit dienen, von allen gesetzlichen Vorschriften des Landes wie das Bauordnungs-, Denkmal-, Straßen-, Wasser- und Naturschutzrecht befreit. Davon unberührt bleiben die Vorgaben, die sich aus dem höherrangigen Bundesrecht (BauGB) und dem Recht der Europäischen Union ergeben. Vorhaben die der Landesverteidigung dienen sind unter anderem Flugplätze, Kasernen und Versorgungslager sowie Wohnsiedlungen für Militärpersonen und deren Angehörige.
Die landesrechtlichen Erleichterungen korrespondieren mit dem neuen § 37a BauGB, wonach jetzt alle Anlagen der Bundeswehr als privilegierte Vorhaben im Außenbereich gelten.
Ergänzend dazu sieht der Entwurf der Änderungen des Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetzes (BT-Dr. 21/1931) Ausnahmen von den Voraussetzungen der Vergabeordnung auch für öffentliche Bauaufträge vor – Inkrafttreten ist für Anfang 2026 geplant.
Die Umsetzung der „Zeitenwende“ für die Infrastruktur der Bundeswehr durch Erleichterungen im Bau- und Vergaberecht eröffnet auch für Investitionen in künftig von der Bundeswehr genutzte Immobilien neue Perspektiven.
Gerne stehen wir Ihnen für eine individuelle Beratung zur Anwendung der neuen Regelungen in Ihrem Projekt zur Verfügung.