Am 31. Mai 2016 hat das Bundesfinanzministerium den „Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und – verlagerungen“ veröffentlicht.

Der Referentenentwurf des Gesetzes soll insbesondere die Änderungen in das deutsche Steuerrecht umsetzen, die von der OECD und den G20 Staaten als Maßnahmenpaket im Abschlussbericht vom Oktober 2015 definiert wurden (15 Punkte-Plan). Ziel des BEPS Projektes ist es, die internationale Steuerpolitik so zu harmonisieren, dass grenzüberschreitende Steuergestaltungen multinationaler Konzerne möglichst eingedämmt werden und somit Besteuerungsinkongruenzen zwischen verschiedenen Ländern nicht mehr unverhältnismäßig ausgenutzt werden können. Planungsvorhaben innerhalb der EU-Staaten umfasst der Gesetzesentwurf nicht.

Wie zu erwarten, greift der Gesetzesentwurf insoweit nur an verhältnismäßig wenig Stellen in das materielle deutsche Besteuerungsrecht ein (hier sind sog. Steueroasen-Länder weit mehr gefordert). Vorrangig werden zusätzliche Informations- und Dokumentationsplichten eingeführt und der grenzüberschreitende Informationsaustausch zwischen den Steuerbehörden der jeweiligen Staaten wird erweitert.

Der Gesetzesentwurf dient zudem als „Mitfahrgelegenheit“ für einige weitere Steuerrechtsänderungen, die als Reaktion des Gesetzgebers auf von Seiten der Finanzverwaltung ungewünschte Gestaltungsvarianten und - aus fiskalischer Sicht - unbequeme BFH Rechtsprechung zurückzuführen ist.

Nachfolgend erhalten Sie einen kurzen Überblick über die wesentlichen Änderungsvorhaben:

  • Verrechnungspreisdokumentation und Country-by-Country Reporting: Die geplanten Änderungen setzen die Empfehlungen hinsichtlich der BEPS-Maßnahme 13 zur „Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogenen Berichterstattung“ (Transfer Pricing Documentation and Country-by-Country Reporting) um. Ein Kernaspekt dieser Empfehlungen ist ein dreistufiger Aufbau der Verrechnungspreisdokumentation, bestehend aus Stammdokumentation (Master File), landesspezifischer, unternehmensbezogener Dokumentation (Local File) und länderbezogenem Bericht (Country-by-Country Report). Der Gesetzesentwurf setzt diese Vorgaben im Hinblick auf die Stammdokumentation und die unternehmensbezogene Dokumentation um (§ 90 Abs. 3 AO neu). Insbesondere ordnet der Gesetzesentwurf nunmehr - bei Erreichen eines Schwellenwertes von € 100 Mio. Umsatz - an, dass zu den Aufzeichnungspflichten im Hinblick auf Auslandsbeziehungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit und über die Systematik der Verrechnungspreisbestimmung gehört. Im Hinblick auf die länderbezogene Berichterstattung soll eine neue Vorschrift eingeführt werden (§ 138a AO neu). Hiernach soll künftig ein länderbezogener Bericht erstellt werden, der eine Übersicht dazu enthält, wie sich die Geschäftstätigkeit eines Konzerns auf die einzelnen Länder verteilt, in denen dieser Konzern durch Unternehmen oder Betriebsstätten tätig ist. Auch diese Vorschrift greift nur bei Erreichen eines Schwellenwertes (konsolidierte Umsatzerlöse im Konzernabschluss von € 750 Mio.). Um den Aufwand für Unternehmen möglichst gering zu halten, soll der länderbezogene Bericht grundsätzlich nur im Ansässigkeitsstaat der ultimativen Konzernobergesellschaft zu erstellen sein und den betroffenen Staaten im Wege des automatischen Informationsaustauschs übersandt werden. (Anwendung grds. ab 2016, z.T. ab 2017)
  • FATCA-Umsetzungsverordnung: Nach den bereits bestehenden FATCA-Bestimmungen müssen deutsche Finanzinstitute Daten über bei Ihnen unterhaltene Finanzkonten über das Bundeszentralamt für Steuern an die Steuerbehörden der USA melden. Die FATCA-Umsetzungsverordnung regelt die Einzelheiten über den automatischen Datenaustausch mit den USA. Die Änderungen regeln einerseits, dass die Finanzinstitute die geprüften Belege, anhand derer der Status eines Kontoinhabers festgestellt wurde, über einen Zeitraum von sechs Jahren aufzubewahren haben. Andererseits wird das Bundeszentralamt für Steuern befugt, die jährlichen Daten und Meldungen der Finanzinstitute auszuwerten. (Anwendung ab Verkündigung des Gesetzes). Die Auswertung der Daten durch das Bundeszentralamt für Steuern ist datenschutzrechtlich problematisch, da eine Anhörung der Beteiligten in der Regel nicht stattfindet und deshalb keine inhaltliche Kontrolle der Datenauswertung durch die Betroffenen erfolgen kann.
  • Informationsaustausch (EU-AmtshilfeG, FinanzverwaltungsG): Innerhalb der EU werden künftig Informationen über grenzüberschreitende steuerliche Vorbescheide (z.B. verbindliche Auskünfte zu grenzüberschreitenden Sachverhalten) und Vorabverständigungen über Verrechnungspreise (z.B. Advanced Pricing Agreements) zwischen international verbundenen Unternehmen ausgetauscht. Dazu ist vorgesehen, den zuständigen Behörden aller anderen Mitgliedstaaten sowie der Europäischen Kommission Informationen zu nach dem 31. Dezember 2016 erteilten, getroffenen, geänderten oder erneuerten grenzüberschreitenden Vorbescheiden oder Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltungen im Wege des automatischen Austausches zu übermitteln. Für Vorbescheide oder Vorabverständigungen, die im Zeitraum 2012 bis Ende 2016 ergangen sind bzw. ergehen, greift der automatische Austausch grundsätzlich ebenfalls, außer es betrifft ausschließlich natürliche Personen. Des Weiteren ist für bestimmte Personen (juristische Personen, Personenvereinigungen, etc.) für vor dem 1. April 2016 ergangene Vorbescheide oder Vorabverständigungen eine Befreiung vorgesehen, wenn der gruppenweite Jahresnettoumsatzerlös weniger als € 40 Mio. beträgt. Der Informationsaustausch mit Drittstaaten, zu denen sich Deutschland im Rahmen des BEPS-Projekts politisch verpflichtet hat, ist von dieser Änderung nicht umfasst und kann weiterhin durch Verwaltungsanweisungen bestimmt werden.
  • Verrechnungspreise: Mit der geplanten Änderung im AStG soll abschließend bestimmt werden, dass das darin verankerte Verständnis zum Inhalt des Fremdvergleichsgrundsatzes auch für die Auslegung entsprechender Regelungen in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Anwendung findet (§ 1 Abs. 1 S. 5 AStG neu). Damit soll es nicht mehr zu inhaltlichen Abweichungen zwischen den in der Substanz gleichlautenden Regelungen im AStG einerseits und in den DBA andererseits kommen. Durch die bislang unterschiedlichen Interpretationen, auch im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), waren Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. (Anwendung ab Verkündung des Gesetzes)
  • Ausnahme von der (teilweisen) Steuerbefreiung von Ausschüttungen und Veräußerungsgewinnen bei Kapitalgesellschaftsbeteiligungen: Die für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute sowie Finanzunternehmen als Ausnahme geregelte Steuerpflicht von Einkünften aus Ausschüttungen und Veräußerungen von Kapitalgesellschaftsbeteiligungen (Gewinne und Verluste) galt bislang für Fälle, in denen die Beteiligung nur kurzfristig gehalten werden sollte (Zuordnung zum Handelsbuch bzw. Halten mit dem Zweck des kurzfristigen Eigenhandelserfolgs) (§ 8b Abs. 7 KStG und § 3 Nr. 40 S. 3 EStG). Künftig kommt es dabei nur noch auf die zutreffende Zuordnung zum Zeitpunkt des Erwerbs an, so dass durch eine Änderung der Absicht, die Beteiligung kurz- oder langfristig zu halten, ein faktisches Optieren zwischen steuerpflichtigen und steuerbefreiten Einkünften nicht mehr möglich ist. Die Zuordnung ist nach handelsrechtlichen (nicht mehr nach aufsichtsrechtlichen) Bestimmungen vorzunehmen (d. h. Zuordnung zum Handelsbestand bzw. Umlaufvermögen). Zudem werden Finanzunternehmen in die Ausnahmeregelung nur noch einbezogen, wenn an ihnen mehrheitlich Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstitute beteiligt sind. (Anwendung grds. ab 2017)
  • Anpassung der „Switch-Over“ Klausel in § 50d Abs. 9 EStG: Die Switch-Over Regel soll sicherstellen, dass es bei Auslandsinvestitionen eines in Deutschland Steuerpflichtigen aufgrund einer in Deutschland und dem ausländischen Staat unterschiedlichen Anwendung oder Auslegung des entsprechenden DBA nicht zu einer doppelten Nichtbesteuerung kommt (weiße Einkünfte). Der Gesetzteswortlaut wird dahingehend repariert, dass die Norm – entgegen der BFH Rechtsprechung – auch dann anwendbar ist, wenn es andernfalls nur zu einer teilweisen doppelten Nichtbesteuerung kommt („soweit“ statt „wenn“ Regelung). Diese „Soweit-Regelung“ soll durch einen Gesetzeszusatz nun auch auf in DBA selbst enthaltene „Switch-Over“, „Subject-To-Tax“ und "Remittance-Base" Regelungen Anwendung finden. (Anwendung ab 2017)
  • Gewerbesteuerliche Erfassung der Hinzurechnungsbesteuerung passiver Einkünfte: Der BFH hatte entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung entschieden, dass nach dem AStG im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung zu erfassende Einkünfte nicht der Gewerbesteuer unterliegen, da diese in einer ausländischen Betriebsstätte erwirtschaftet werden. Die Gesetzesänderung (§ 7 GewStG neu) bewirkt nun eine gewerbesteuerliche Erfassung der hinzuzurechnenden Einkünfte im Inland und setzt die bisherige Verwaltungsauffassung in das Gesetz um. (Anwendung ab 2017)
  • Gewerbesteuerliche Erfassung von Ausschüttungen an eine Organgesellschaft: Aufgrund einer (in der Tat unglücklich gestalteten) Verknüpfung gewerbe- und körperschaftsteuerlicher Gewinnermittlungsvorschriften bei Bestehen einer ertragsteuerlichen Organschaft, hat der BFH entschieden, dass Gewinnausschüttungen, die einer Organgesellschaft zufließen, unter Umständen weder bei der Organgesellschaft noch dem Organträger einer gewerbesteuerlichen Erfassung unterliegen. Die Gesetzesänderung (§ 7a GewStG neu) stellt nun eine Erfassung beim Organträger sicher. Das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg ist auf Ebene des Organträgers anzuwenden. (Anwendung ab 2017)


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