Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird in seinen wesentlichen Teilen am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Die bereits vor zwei Jahren mit dem Ziel der Schaffung eines modernen und rechtssicheren Regelungssystems beschlossene Reform führt zur Normierung einiger in den letzten Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnisse über Struktur und Wesen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) sowie zu einigen bedeutenden Neuerungen im Gesellschaftsrecht.
Die für die gesellschaftsrechtliche Praxis wichtigsten Aspekte werden im Folgenden überblicksartig dargestellt:
Gesetzliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Außengesellschaft
Bereits seit 2001 ist durch richterrechtliche Rechtsfortbildung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass jegliche als Außengesellschaft auftretende GbR rechtsfähig ist. Diese kann also als eigene Rechtspersönlichkeit Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen ihrer Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Durch das MoPeG wird dieses geltende Richterrecht nunmehr als Teil der umfassenden Überarbeitung der Vorschriften über die GbR auch gesetzlich normiert.
Registrierung der GbR im neuen Gesellschaftsregister
Eine der wichtigsten inhaltlichen Neuerungen betrifft die Einführung eines dem Handelsregister nachgebildeten Gesellschaftsregisters, aus dem die für den Rechtsverkehr wesentlichen Informationen in Bezug auf die dort eingetragenen GbRs entnommen werden können. Hintergrund für die Einführung des bei den Amtsgerichten angesiedelten Gesellschaftsregisters ist insbesondere die Forderung aus der Praxis nach Transparenz und Publizität als Konsequenz aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR.
Allerdings besteht auch nach dem Inkrafttreten des MoPeG keine grundsätzliche Pflicht für jede GbR, sich in das Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Die Eintragung im Gesellschaftsregister ist damit auch zukünftig keine Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit der GbR.
Eintragungsobliegenheit für GbRs als Inhaber registrierter Rechte
Das MoPeG begründet lediglich ein Voreintragungserfordernis für solche GbRs, die registrierte Rechte erwerben oder hierüber verfügen wollen. Eine Eintragung der GbR als Inhaberin des in dem betreffenden (Objekt-)Register verzeichneten Rechts wird in diesen Fällen nur möglich sein, wenn die GbR selbst zuvor im Gesellschaftsregister registriert wurde (sog. Voreintragungsobliegenheit).
Hintergrund hierfür ist, dass bei GbRs, die als Inhaber eines registrierten Rechts am Rechtsverkehr teilnehmen, ein erhöhtes Bedürfnis nach einer durch Publizität vermittelten Sicherheit über die jeweiligen Haftungs- und Vertretungsverhältnisse (einschließlich Gutglaubensschutz) besteht.
Besondere Praxisrelevanz entfaltet die Voreintragungsobliegenheit insbesondere in zwei Konstellationen, die letztlich zu einem faktischen Eintragungszwang führen.
Die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister ist künftig zum einen Voraussetzung für die Eintragung der GbR im Grundbuch als Erwerberin eines Grundstücksrechts oder einer diesbezüglichen Änderung des Grundbuchs.
Zum anderen ist die Voreintragung einer GbR auch in allen Fällen von wesentlicher Bedeutung, in denen sich diese an einer Kapitalgesellschaft beteiligt: Die Voreintragung ist Voraussetzung für die erstmalige Eintragung bzw. Vornahme von Veränderungen der Eintragung einer GbR in der Gesellschafterliste einer GmbH oder im Aktienregister einer AG.
Auswirkungen der Nichteintragung einer GbR
Sofern eine GbR bei Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 bereits als Gesellschafterin in der Gesellschafterliste einer GmbH oder als Aktionärin im Aktienregister einer AG eingetragen ist, ohne dass diese selbst im Gesellschaftsregister eingetragen ist, besteht grundsätzlich keine nachträgliche Verpflichtung zur Eintragung der GbR.
Insbesondere führt die Nichteintragung in dieser Konstellation nicht zu einem Verlust der Stimm- bzw. Dividendenrechte, da diese negativen Rechtsfolgen nicht an die fehlende Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister, sondern eine fehlende Eintragung in der Gesellschafterliste bzw. dem Aktienregister anknüpfen.
Veräußerung und Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen sowie Kapitalerhöhungen
Anders verhält es sich allerdings, wenn die nicht eingetragene GbR Anteile einer Kapitalgesellschaft erwirbt oder veräußert.
Im Nachgang zur Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen ist eine aktualisierte Gesellschafterliste beim Handelsregister einzureichen. Sofern aber an einem Verkauf und der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen eine nicht eingetragene GbR als Erwerberin oder Veräußerin beteiligt ist, wird das Registergericht diese Gesellschafterliste unabhängig von der materiell-rechtlichen Wirksamkeit der Veräußerung zurückweisen. Diese Zurückweisung der Gesellschafterliste betrifft dann allerdings nicht nur die nicht eingetragene GbR als Veräußerin selbst, sondern auch den oder die Vertragspartner der nicht eingetragenen GbR - mit einschneidenden Folgen: Unabhängig von der materiellen Rechtslage kann nur der in der Gesellschafterliste Eingetragene gegenüber der Gesellschaft Gesellschafterrechte geltend machen, so dass der an sich materiell Berechtigte insbesondere an der Ausübung des Stimmrechts, der Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und dem Gewinnbezugsrecht gehindert ist.
Die gleiche Problematik ergibt sich, sofern eine nicht eingetragene GbR beispielsweise an einer Kapitalerhöhung einer GmbH teilnimmt. Auch wenn die Kapitalmaßnahme materiell-rechtlich wirksam ist, wird das Registergericht die aktualisierte Gesellschafterliste zurückweisen. Eine Ausübung der Rechte aus den neu entstandenen Geschäftsanteilen ist damit zunächst nicht möglich. Auch in diesem Fall ist zu beachten, dass diese ungewollte Rechtsfolge gerade nicht nur die nicht eingetragene GbR, sondern auch alle anderen an der Kapitalmaßnahme Beteiligten trifft, da das Registergericht keine unvollständige bzw. fehlerhafte Gesellschafterliste akzeptieren wird.
Da die Veräußerung und Übertragung von Geschäftsanteilen von einem Notar zu beurkunden ist, wird dieser die Parteien letztlich aufgrund seiner Beratungs-, Belehrungs- und Warnfunktion über die Risiken einer solchen Transaktion unter Beteiligung einer nicht eingetragenen GbR aufklären und auf deren Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister hinwirken. Allerdings dürfte die bisherige Nichteintragung der GbR zumindest zu einer ungewollten Verzögerung der geplanten Transaktion führen.
Veräußerung und Erwerb von Namensaktien sowie Kapitalerhöhungen
Bei der Veräußerung oder dem Erwerb von Aktien durch eine nicht eingetragene GbR kann die Ein- bzw. Austragung der nicht eingetragenen GbR in das bzw. aus dem Aktienregister ebenfalls nur dann vorgenommen werden, wenn diese bereits in das Gesellschaftsregister eingetragen ist. Anders als bei der Veräußerung oder dem Erwerb von Geschäftsanteilen einer GmbH kann im Fall von Namensaktien jedoch der veräußernde bzw. erwerbende Vertragspartner der nicht eingetragenen GbR, unabhängig von deren eigener Ein- oder Austragung, in das Aktienregister ein- oder ausgetragen werden.
Das Gleiche gilt im Falle einer Kapitalerhöhung: Sofern eine nicht eingetragene GbR an einer Kapitalerhöhung einer AG teilnimmt, können die Zeichner der neuen Aktien mit Ausnahme der nicht eingetragenen GbR im Aktienregister eingetragen werden und die aus den neuen Aktien entstandenen Rechte, d.h. insbesondere Stimm- und Dividendenrechte, ausüben. Die negative Rechtsfolge aus der Nichteintragung der GbR trifft damit ausschließlich diese selbst.
Umwandlungsfähigkeit der eingetragenen GbR und Statuswechsel
Die eingetragene GbR ist künftig zudem auch nach den Regelungen des Umwandlungsgesetzes umwandlungsfähig. Start-ups, die von ihren Gründern zunächst als GbR betrieben werden, können so im Wege des Formwechsels in eine andere Rechtsform, vor allem eine GmbH, umgewandelt werden. Nach einer vorherigen Eintragung im Gesellschaftsregister kann die eingetragene GbR auch an anderen Umwandlungsvorgängen wie einer Spaltung oder einer Verschmelzung teilnehmen.
Von der Umwandlungsfähigkeit zu unterscheiden ist der sog. Statuswechsel, d.h. der Wechsel einer eingetragenen GbR in eine OHG, KG oder PartG und umgekehrt. Da bislang kein Gesellschaftsregister existierte, entsteht durch das MoPeG die Notwendigkeit, zwischen den jeweiligen Registern (Gesellschaftsregister, Handelsregister, Partnerschaftsregister) durch eine entsprechende Umtragung „zu wechseln“.
Beschlussmängelrecht für Personen(handels)gesellschaften
Schließlich sieht das MoPeG auch eine Neuregelung des Beschlussmängelrechts für Personenhandelsgesellschaften, d.h. OHG, KG (einschließlich GmbH & Co. KG), vor, welches bislang nicht zwischen nichtigen und (nur) anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen unterscheidet. Sofern ein Gesellschafterbeschluss daher gegen formelles oder materielles Recht verstößt, ist er bislang automatisch nichtig, was im Wege der Feststellungsklage gerichtlich geltend gemacht und erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Die Einführung des Beschlussmängelrechts für Personenhandelsgesellschaften orientiert sich dabei an den Grundzügen des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells, welches auch bereits auf die GmbH entsprechend Anwendung findet.
Künftig wird daher auch bei Personenhandelsgesellschaften zwischen nichtigen und (lediglich) anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen unterschieden. Danach sind fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse nur dann ausnahmsweise nichtig, wenn durch ihren Inhalt Rechtsvorschriften verletzt werden, auf deren Einhaltung die Gesellschafter nicht verzichten können. Im Übrigen sind fehlerhafte Beschlüsse zunächst wirksam, aber befristet anfechtbar. Wenn ein Gesellschafter hier einen Verstoß gegen gesellschaftsvertragliche oder gesetzliche Regelungen geltend machen möchte, muss er innerhalb von drei Monaten Anfechtungsklage gegen die Gesellschaft bei dem zuständigen Landgericht erheben. Die Nichtigkeitserklärung des Beschlusses durch das Gericht gilt dann rückwirkend und für und gegen alle Gesellschafter.
In Bezug auf GbRs wurde dagegen durch das MoPeG kein formelles Beschlussmängelrecht kodifiziert. Allerdings können auch GbR-Gesellschafter durch entsprechende Verweisung in den Gesellschaftsverträgen freiwillig auf das neue Beschlussmängelrecht verweisen, was zur Vermeidung von Rechtsunsicherheit insbesondere in Konstellationen mit einer großen Zahl an Gesellschaftern sinnvoll sein kann.
Da das MoPeG den Gesellschaftern von Personengesellschaften in Bezug auf die Ausgestaltung des Beschlussmängelrechts eine weitgehende Gestaltungsfreiheit einräumt, sollten insbesondere auch bestehende Gesellschaftsverträge im Hinblick auf die spezifischen Anforderungen der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter überprüft werden.
Zusammenfassung und Hinweise für die Praxis
Das MoPeG tritt am 1. Januar 2024 ohne weitere Übergangsregelung in Kraft. Vor diesem Hintergrund sollte ein etwaiger Handlungsbedarf noch rechtzeitig identifiziert werden. Sofern eine Eintragung im Gesellschaftsregister erforderlich oder gewünscht ist, sollten die entsprechenden Vorkehrungen noch rechtzeitig getroffen werden.
Insbesondere kann es geboten sein, die Eintragung von nicht eingetragenen GbRs, die Gesellschafter einer GmbH sind, vorzubereiten und hierzu rechtzeitig Kontakt zu den Gesellschaftern der GbR aufzunehmen und auf die Eintragung der GbR hinzuwirken.
Mit der Eintragung der GbR in das Gesellschaftsregister wird diese künftig zugleich auch gegenüber dem Transparenzregister meldepflichtig, so dass die persönlichen Daten der wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister öffentlich einsehbar sein werden. In nicht wenigen Fällen wird diese Transparenz allerdings eine unerwünschte Nebenfolge sein, die ein legitimes Interesse auf Wahrung der Privatsphäre berühren kann. Dies sollte im Rahmen der Entscheidung über die Eintragung einer GbR noch vor dem Inkrafttreten des MoPeG am 1. Januar 2024 bedacht bzw. alternative Gestaltungen erarbeitet werden.
Auch ist es sinnvoll und empfehlenswert, bestehende Gesellschaftsverträge im Hinblick auf die Regelungen des MoPeG zu überprüfen und im Bedarfsfall anzupassen, da das MoPeG ab dem 1. Januar 2024 nicht nur für zukünftige, sondern auch für bestehende Gesellschaftsverträge gilt.