Preiswettbewerb treibt Konsolidierung im Windenergiemarkt

Knowledge 11. Mai 2017

Studie von Norton Rose Fulbright, Berenberg, BayernLB und Hypoport zu strategischen Handlungs- und Finanzierungsoptionen für Investoren und Hersteller im Zuge der Ausschreibungen für onshore Wind nach dem EEG 2017

Im Zuge der ersten Ausschreibungen zur Vergabe von onshore Windprojekten nach dem reformierten Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) rechnet die Energiebranche mit einem deutlichen Preisverfall. Die Mehrzahl der größerenProjektentwickler will vor diesem Hintergrund ihre Geschäftsmodelle erweitern und künftig verstärkt als Independent Power Producer (IPP) auftreten. Dazu wird eine engere Kooperation mit Investoren angestrebt. Ferner will die Branche ihr internationales Wachstum vorantreiben. Neben den Ländern der Europäischen Union sind vor allem die USA und Kanada sowie Australien und Japan als Zielmärkte im Fokus. Turbinenhersteller streben – neben Investitionen in bessere und kostengünstigere Turbinentechnik – die Übernahme von Projektentwicklern und Serviceunternehmen an oder setzen verstärkt auf Wind offshore, um ihre Absatzchancen zu verbessern. Das sind die wesentlichen Ergebnisse der gemeinsamen Studie „Ausschreibungen für onshore Wind nach dem EEG 2017 – strategische Handlungs- und Finanzierungsoptionen“ von Norton Rose Fulbright, Berenberg, BayernLB und Hypoport. Für die Studie wurden rund 60 deutsche Windprojektentwickler, Investoren und Turbinenhersteller befragt, wie sie sich auf die Einführung der Ausschreibungsverfahren im onshore Bereich einstellen.

Konsolidierungswelle im Windenergiemarkt zu erwarten

„Die Ausschreibungsverfahren erhöhen den Preisdruck auf die Windenergiebranche. Dies bringt neue Dynamik in die Übernahmepläne der Hersteller, großen Projektentwickler und Investoren. Wir stehen vor einer Konsolidierung im onshore Windenergiemarkt. Enge Kooperationen und strategische Beteiligungen unter den Marktteilnehmern sowie darauf angepasste und geänderte Finanzierungsstrategien könnten sich als Schlüssel für eine erfolgreiche Positionierung erweisen. Vor allem kleinere und mittelgroße Projektentwickler stehen unter Druck, wenn sich die volle Wirkung des neuen EEG zeigen wird“, erklärt Dr. Klaus Bader, Head of Energy, Europe, von Norton Rose Fulbright.

Die Bundesnetzagentur prüft gerade die im Zuge der ersten Ausschreibungsrunde Anfang Mai eingegangenen Gebote für onshore Windprojekte. Die kostengünstigsten Bieter erhalten den Zuschlag. Die Bundesregierung erwartet durch die Ausschreibungsverfahren eine erhebliche Absenkung der Vergütung für den produzierten Strom. Voraussichtlich werden die Gebote deutlich unter dem vom Gesetzgeber festgelegten Höchstwert liegen. Im offshore Wind Bereich erhielt im April 2017 erstmals ein großes Projekt den Zuschlag, für das EnBW und DONG Energy 0 Euro pro MWh für die Förderung boten und sich somit nur durch Marktpreise vergüten lassen wollen.

Wirtschaftlichkeit nur bei Absinken von Investitions- und Finanzierungskosten

„Je stärker die Vergütung auch für onshore Windenergie fällt, desto mehr müssen Betreiber und Investoren ihre Geschäftsmodelle anpassen. Die Wirtschaftlichkeit der Windparks ist künftig nur noch dann gegeben, wenn die Investitions- und Finanzierungskosten sinken und die Effizienz der Windturbinen weiter steigt. Die Investoren werden aber auch mit einer niedrigeren Rendite kalkulieren müssen“, betont Sebastian Schenk, Leiter Firmenkunden Norddeutschland bei der BayernLB.

Die Studie berechnet verschiedene Szenarien in Bezug auf die Vergütungshöhe und die sich daraus ableitende Kostenstruktur. Bei einer Senkung der Einspeisevergütung von bislang 8,03 ct/kWh auf 6 ct/kWh wäre beispielsweise eine Senkung des Kaufpreises um 32,7 Prozent oder eine Senkung des Turbinenpreises um 50 Prozent notwendig, um eine Rendite auf das eigensetzte Eigenkapital (Internal Rate of Return – IRR) von 5 Prozent zu erzielen.

„Wer künftig in Deutschland onshore Projekte rentabel entwickeln oder betreiben will, muss die Investitionskosten und die Ausgaben für den laufenden Betrieb nachhaltig reduzieren. Die Projektentwickler werden darüber hinaus ihr Bestandsportfolio erweitern und künftig als unabhängige Energieproduzenten (IPP) auftreten. Dazu werden sie von Investoren neues Kapital einwerben; besonders groß ist das Interesse an Mezzanine Kapital“, so das Fazit von Olaf Lüdemann, Head of Infrastructure & Energy bei Berenberg.

Projektentwickler setzen auf Expansion in Nordamerika

Zur Erschließung neuer Märkte und Kunden steht neben der Optimierung des Geschäftsmodells in Deutschland die internationale Expansion auf der Agenda. Die Projektentwickler favorisieren hier neben dem Gang ins europäische Ausland mehrheitlich die USA und Kanada. Alle befragten Investoren streben an, den Anteil ihrer Investitionen im Erneuerbare Energien-Sektor außerhalb Deutschlands in den nächsten Monaten wesentlich zu erweitern.

„Die Abnehmer der entwickelten onshore Windenergieprojekte sind meist konservativ agierende institutionelle Investoren. Sie bevorzugen ein regulatorisch sicheres Umfeld. Auch wenn China, Indien oder Länder in Latein- und Südamerika mit hohen Renditechancen locken, wird es durch die veränderte Marktsituation bei der Förderung in Deutschland vorerst eher zu einem Ansturm auf Projekte in etablierten Märkten kommen“, erklärt Jan Bewarder, Leiter Corporate Finance bei DR. KLEIN Firmenkunden, einer Tochtergesellschaft der Hypoport AG.

Marktteilnehmer wollen enger kooperieren

Etwa jeder vierte Investor gibt an, sich künftig an Projektentwicklern beteiligen oder Entwickler übernehmen zu wollen, um sich für den verschärften Wettbewerb zu wappnen. Nahezu alle befragten Investoren streben zudem engere Kooperationen an. Als Königsweg gilt das “Preferred Partnership“-Modell mit Projektentwicklern, um den Unwägbarkeiten zeit- und kostenintensiver Bieterverfahren zu entgehen.

Die Turbinenhersteller werden ebenfalls die Marktkonsolidierung vorantreiben. Die Turbinenpreise machen derzeit 70 bis 80 Prozent der Gestehungskosten eines Windparks aus. Die Hersteller benötigen laufend Kapital für Investitionen in Forschung und Entwicklung. Die überwiegende Mehrheit erwägt eine Ausweitung der ohnehin schon bestehenden Kooperationen mit Projektentwicklern. Die Hälfte der befragten Hersteller geht noch einen Schritt weiter und erwägt die Übernahme von Projektentwicklern oder den Aufbau eigener Projektentwicklungsteams zur Absatzförderung oder zur Verbesserung der Marge.

Fazit: Ausschreibungen treiben Strategiewechsel im onshore Windenergiemarkt

Mit knapp 46 GW installierter Leistung und einem Anteil von rund 40 Prozent an der Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien in Deutschland ist onshore Wind eine der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen. Strom aus onshore Windanlagen wird künftig mit einer deutlich niedrigeren Förderung auskommen müssen. Aus diesem Grund müssen die Stromgestehungskosten entsprechend nachhaltig sinken. Die großen Projektentwickler und Turbinenhersteller müssen mit kontinuierlichen Innovationen Kosten reduzieren, Prozesse optimieren und die Effizienz der Anlagen erhöhen. Wesentlicher Erfolgsfaktor für die Zukunft sind Kooperationen unter den Marktteilnehmern. Während große Projektentwickler und Investoren die Internationalisierung vorantreiben und in neue Geschäftsmodelle investieren werden, könnten kleinere Entwickler und Turbinenhersteller das Nachsehen haben, wenn sie sich nicht erfolgreich in einer Nische positionieren können. Hier ist mit einer Konsolidierungswelle zu rechnen.

Die Bundesregierung hat mit dem EEG 2017 somit eine Entwicklung in Gang gesetzt, an deren Ende deutlich niedrigere Preise für Erneuerbare Energien stehen. Die Karten im Markt werden neu gemischt. Wichtigster Indikator für die Intensität des Veränderungsprozesses wird am Ende das Ergebnis der ersten onshore Auktionen sein. Je tiefer die Preise sinken, desto stärker wird der Druck zur Konsolidierung sein. 

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