Blockchain eröffnet Versicherungssektor neue Wachstumschancen

Global Knowledge 03. Mai 2017

White Paper von Norton Rose Fulbright und R3 analysiert Potenziale für Einsatz von Distributed Ledger Technology durch Versicherer

Die Digitalisierung der Wertschöpfungskette im Versicherungsgeschäft durch Blockchain und Distributed Ledger Technology (DLT) eröffnet der Versicherungsbranche neue Wachstumschancen. Die Versicherer könnten weltweit etwa durch die Nutzung von Smart Contracts profitieren. Gleichzeitig können die Risiken, dass sensible Daten durch Cyberkriminalität missbraucht werden, für Kunden wie für Versicherungsunternehmen gesenkt werden. Dies zeigt ein aktuelles White Paper zur Anwendbarkeit der Blockchain und Distributed Ledger Technology (DLT) im Versicherungssektor der internationalen Wirtschaftskanzlei Norton Rose Fulbright und des IT-Unternehmens R3.

„Versicherer arbeiten schon immer mit riesigen Datenmengen, die zumeist zentral gespeichert und von dort zur Bearbeitung weiterverteilt werden. Mit der Distributed Ledger Technologie ist dies nicht mehr erforderlich. Smart contracts, also intelligente Verträge, übernehmen die Aufgabe des aufwändigen Datenmanagements“, erklärt Eva-Maria Barbosa, Partnerin in der Versicherungspraxis von Norton Rose Fulbright in München. „DLT ermöglicht, dass alle Beteiligten Zugriff auf ausgewählte Bereiche eines Vertragsdokuments erhalten – ohne dass diese zentral gespeichert werden müssen. Dies reduziert die bisherigen Verzögerungen, Kosten und Risiken. Die Daten bleiben allzeit aktuell und in Echtzeit abrufbar. Das eröffnet den Versicherern völlig neue Dimensionen.“

Die Entwicklung im Bereich Blockchain und Smart Contracts wird getrieben durch die anhaltend schwierige Marktsituation in der Versicherungsbranche mit einem Prämienwettbewerb, der kontinuierlich weitere Kostensenkungen erfordert. Im Vertrieb ist eine rapide Entwicklung weg vom persönlichen Gespräch hin zu bequemen und schnellen, mobilen Lösungen zu beobachten. Hier zeigen sich die Vorteile der DLT.

Die Anwendungsmöglichkeiten für Versicherungen sind gewaltig. Kunden und Vermittler können in Echtzeit auf die gesamte Vertragshistorie zugreifen. Vermögensgegenstände und auch Personen könnten über Ortungsgeräte und Sensoren sowohl dem Versicherer als auch dem Versicherten Echtzeitinformationen zu Zustand, Aufenthaltsort oder Aktivitäten geben. Diese Informationen würden den Zeichnungsprozess und das damit verbundene Risikoassessment wesentlich vereinfachen. DLT kann darüber hinaus weitere Datenquellen erschließen, deren Informationen im Zeichnungsprozess bisher gar nicht berücksichtigt werden oder werden können. Die Möglichkeit der Einbindung von weiteren Datenquellen besteht auch während der Laufzeit eines Smart Contracts.

Schließlich wird durch DLT die Kontrolle der Kunden über ihre persönlichen Daten verbessert. Personenbezogene Daten, die etwa für die Identifikation im Rahmen des Vertragsabschlusses oder zur Einhaltung gesetzlicher Anforderungen, wie z.B. der Regelungen zur Geldwäsche, erforderlich sind, verbleiben beim Kunden. Für die Zwecke der Versicherung werden sie durch unabhängige Datenquellen geprüft (zum Beispiel durch die Bank des Kunden oder seinen unabhängigen Arzt) und nur auf dem mobilen Gerät des Kunden gespeichert. Zugang erhält der Versicherer ausschließlich soweit dies etwa für den Zeichnungsprozess oder die Schadenbearbeitung erforderlich ist.

„Mit der zunehmenden Cyberkriminalität sind die Versicherungskunden deutlich sensibler geworden, was ihre persönlichen Daten betrifft. Durch DLT müssen solche vertraulichen Informationen nicht mehr durch die Hände des Vermittlers und des Versicherers bzw. anderer Dienstleister gehen oder gar über das Internet online eingegeben werden. DLT erhöht so den Schutz der Versicherungsnehmer und der Versicherer vor Datenspionage“, betont Barbosa.

Während die Digitalisierung in den Industriestaaten vor allem durch Kostendruck und den wachsenden Kundenfokus getrieben werden, wird sie in sich entwickelnden Märkten durch das Fehlen eines Vermittlernetzwerk sowie durch den Umstand beschleunigt, dass die meisten potenziellen Versicherungsnehmer kein Bankkonto haben. Smart contracts auf DLT-Basis ermöglichen es den Versicherern, völlig neue Wege zu gehen, da sämtliche Bestandteile des Versicherungsvertrags digital abgebildet werden können.

Beispielsweise ermöglichen sogenannte parametrische Produkte die automatisierte Entschädigung von Versicherungsnehmern bei einer Dürre oder Flut in entlegenen Gebieten mit fehlender Infrastruktur unabhängig vom tatsächlichen erlittenen Schaden. Dabei werden die Daten über die Ausbreitung einer Dürre in den Ledger gespielt, der sodann eine Schadenmeldung im Smart Contract auslöst. Dieser veranlasst wiederum eine off-ledger Zahlungsanweisung in einer vorbestimmten Höhe. Durch Distributed Ledger Technologie können solche Produkte wirtschaftlich angeboten zubieten werden.

„Der Versicherungssektor ist heute geprägt von Systemen, deren Unterhalt sehr teuer ist. Die Distributed Ledger Technology ermöglicht es, die Geschäftsmodelle zu verändern und gleichzeitig die Kosten zu senken. Und die Versicherungswirtschaft ist nicht die einzige Branche, in der diese Technologie solche Auswirkungen haben wird“ erklärt Partner Sean Murphy, internationaler Leiter des Bereichs Distributed Ledgers, Blockchain und Smart Contracts by Norton Rose Fulbright in London.

„Der Einsatz der Distributed Ledger Technology selbst und die damit verbundenen anderen technologischen Innovationen hat das Potenzial, Versicherungsprodukte und das Leistungsangebot der Versicherer zu revolutionieren“ erklärt Nicholas Berry von Norton Rose Fulbright in London, der das Weißbuch mit seinem Team federführend erarbeitet hat.

Das White Paper (in englischer Sprache) erhalten Sie auf Anfrage.

Hintergrund

DLT: Die Distributed Ledger Technology ist eine Technologie, die das Vertrauen in die Korrektheit von Daten dadurch gewährleistet, dass diese als sogenannter Distributed Ledger (wörtlich „verteiltes Kontobuch“) redundant und dezentral auf einer Vielzahl von Rechnern gespeichert werden. Ursprünglich als technologische Grundlage für die virtuelle Währung Bitcoin entwickelt, kann die DLT generell dazu genutzt werden, die Authentizität und Integrität von Daten innerhalb eines Systems zu dokumentieren, ohne dass es eines neutralen Dritten bedarf.

Blockchain: Blockchain setzt die Distributed Ledger Technology für den digitalen Zahlungs- und Geschäftsverkehr um und ermöglicht die Aufzeichnung von Transaktionen von Nutzer zu Nutzer, ohne dass es einer zentralen Stelle bedarf, die die Transaktionen legitimiert. Die Blockchain besteht aus einer Abfolge von Transaktionsblöcken, bei der sequenziell auf den vorhergehenden Transaktionsblock referenziert wird. So ermöglicht sie eine transparente und nicht veränderbare Transaktionshistorie. Blockchain ist die Ausprägung von DLT, die der virtuellen Währung Bitcoin zugrunde liegt.

Smart Contract: Smart Contracts sind Computerprogramme, die Verträge auf technologische Weise abbilden und deren Abwicklung unterstützen. Vertragliche Inhalte oder Bedingungen werden elektronisch umgesetzt, mitunter auf Basis der Distributed Ledger Technology. Der Eintritt von Bedingungen kann – etwa im Wege der Einbindung von Informationen aus dem sogenannten Internet der Dinge (IoT) – autonom überwacht und gegebenenfalls entsprechend der vertraglich hinterlegten Logik selbsttätig ausgeführt werden.

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