Am 14. Juli 2015 haben der Iran und die 5+1-Staaten (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, USA, Russland und China) unter der Beteiligung der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen des Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen – unter der Bedingung des Rückbaus des iranischen Atomprogramms – vereinbart. Diese Bedingung ist am 16. Januar 2016 eingetreten.

Mit dem Bedingungseintritt enden die 2006 verhängten Sanktionen, die nahezu jeden Bereich der iranischen Wirtschaft betrafen. Deutsche Unternehmen können sich zukünftig mit nur wenigen Beschränkungen in der iranischen Öl- und Gaswirtschaft, der Transportwirtschaft, dem Schiff- und Anlagenbau, der Automobilindustrie, der Versicherungswirtschaft (auch Rück- und Exportversicherungen) und im Finanzwesen betätigen. Dies bietet enorme Chancen.

Der Iran ist reich an Schlüsselrohstoffen wie Öl und Gas und nach der langjährigen wirtschaftlichen Isolation besteht ein immenser Investitionsbedarf. Die Bevölkerung ist im Durchschnitt sehr jung, gut ausgebildet und oftmals westlich eingestellt. Daneben kann der Iran nach dem Wegfall der Sanktionen über sein eingefrorenes Auslandvermögen verfügen. Großer Nachholbedarf besteht insbesondere bei hochtechnologischen Industriegütern aus dem Anlagen-, Schiff-, und Maschinenbau, der Automobilindustrie und bei den erneuerbaren Energien. Auch können deutsch-iranische Wirtschaftsbeziehungen auf eine jahrzehntelange Tradition zurückschauen und das „Made in Germany“ genießt ein sehr hohes Ansehen. Während das Handelsvolumen zwischen der Bundesrepublik und dem Iran 2014 noch bei 2,4 Milliarden Euro lag, ist nach Einschätzung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) mittelfristig ein Exportvolumen von 10 Milliarden Euro realistisch. Der BDI-Präsident Ulrich Grillo schätzt: „Insbesondere die Modernisierung der Ölindustrie eröffnet dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau große Marktchancen“.

Doch wo Chancen liegen, lauert oftmals auch das Risiko. Es ist daher zu erwarten, dass mit Zunahme der deutsch-iranischen Handelsbeziehungen, die rechtlichen Konflikte im deutsch-iranischen Wirtschaftsverkehr ebenfalls zunehmen werden. Nachfolgend geben wir daher einen kurzen Überblick zu Schiedsverfahren mit Bezug zum Iran.

Das iranische Schiedsverfahrensrecht

Der Iran hat eine lange Tradition im Austragen von wirtschaftsrechtlichen Streitigkeiten vor internationalen Schiedsgerichten. Seit 1981 wurden Rechtsstreitigkeiten zwischen U.S. amerikanischen Investoren und der Islamischen Republik Iran, die im Nachgang der Revolution von 1979 aufgetreten sind, vor dem „Iran-United States Claim Tribunal“ (IUSCT) verhandelt. Das IUSCT war damit Vorreiter des modernen internationalen Investitionsschutzrechts und seine Schiedssprüche werden bis heute in Investor-Staat-Schiedsverfahren als Präzedenzentscheidungen zitiert.

Der Iran ist am 13. Januar 2002 dem New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche von 1958 beigetreten. Hierdurch ist gewährleistet, dass Schiedssprüche, die in einem anderen Vertragsstaat wie beispielsweise der Bundesrepublik Deutschland erlassen werden, von der iranischen Rechtsordnung anerkannt und im Iran mittels lokaler Gerichte vollstreckt werden können.

Ausländische Investoren sind im Iran auch völkerrechtlich abgesichert und können ihre Rechte durch Investor-Staat-Schiedsverfahren rechtlich durchsetzen. Der Iran hat mittlerweile 23 bilaterale Investitionsschutzabkommen geschlossen, von denen 22 in Kraft getreten sind. Das deutsch-iranische Investitionsschutzabkommen ist seit dem 23. Juni 2005 in Kraft. Dieses Abkommen sieht das Investor-Staat-Schiedsverfahren als Konfliktlösungsmechanismus vor. Allerdings ist der Iran nicht dem Abkommen zum International Center for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) beigetreten. Investor-Staat-Schiedsverfahren können aber nach anderen Regeln geführt werden.

Auch im Zusammenhang mit dem bilateralen Investitionsschutzabkommen gilt, dass deutsche Investoren bereits bei der Strukturierung ihrer Transaktion den Grundstein dafür legen, welcher Rechtsschutz in einem zukünftigen Konflikt zur Verfügung steht. Diese Aspekte müssen daher unbedingt beim Abschluss des Geschäfts berücksichtigt werden.

Schon am 5. November 1997 ist das „Law on International Commercial Arbitration“ (LICA) in Kraft getreten. Das LICA entspricht in wesentlichen Teilen dem UNCITRAL Model Gesetz, wodurch das iranische Schiedsverfahrensrecht mit dem internationalen Standard in hohem Maße harmonisiert. Teilweise geht das iranische Schiedsverfahrensrecht sogar über die Regelungen des UNCITRAL Model Gesetzes hinaus, indem es Regelungen für ein Mehrparteien-Schiedsverfahren vorsieht, oder Bestimmungen zum Parteibeitritt bereithält (Art. 11 Abs. 6 LICA).

Allerdings unterliegt der Anwendungsbereich des LICA einer wesentlichen Einschränkung: Er ist auf internationale Rechtsstreitigkeiten beschränkt. Nach Art. 1 b LICA ist ein Rechtsstreit dann international, wenn nach iranischem Recht keine iranische Partei an ihm beteiligt ist („[…] one party is not, at the time of the conclusion of the arbitration agreement, an Iranian national under Iranian Law.“). Soweit diese Voraussetzung nicht erfüllt ist, findet das allgemeine iranische Zivilprozessrecht Anwendung.

Eine weitere Besonderheit besteht bei Schiedsverfahren, welche aufgrund von handelsrechtlichen Verträgen mit dem iranischen Staat initiiert werden. Nach Art. 139 der iranischen Verfassung stehen solche Schiedsverfahren unter dem Vorbehalt der Zustimmung seitens des iranischen Staats. Auch dieser Umstand ist bei der Strukturierung der Transaktion unbedingt zu berücksichtigen, um effektiven Rechtsschutz im Falle eines Konflikts zu gewährleisten.

Die beiden wichtigsten Schiedsinstitutionen des Landes sind das „Tehran Regional Arbitration Centre“ (TRAC, gegründet im Jahre 2004) und das „Arbitration Centre of the Iran Chamber“ (ACIC, gegründet im Jahre 2001). Beide Institutionen haben ein Fülle von Material sowie Musterschiedsklauseln auf ihren Internetseiten veröffentlicht.


Für weiterführende Fragen stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.



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