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Global | Publikation | January 2016
Aufgrund der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten bestehen seit dem 9. Januar 2016 europaweit neue Informationspflichten im eCommerce:
Seit dem 9. Januar 2016 gilt die VERORDNUNG (EU) Nr. 524/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG – kurz: Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten oder ODR-Verordnung – vollständig (Art. 22 Abs. 2 Halbsatz 1). Die Verordnung gilt unmittelbar und verbindlich in jedem Mitgliedsstaat.
Durch die ODR-Verordnung soll europaweit ein Mechanismus zur Online-Streitbeilegung von Disputen aus Online-Geschäften eingeführt werden, ohne freilich den Weg zu staatlichen Gerichten zu versperren. Die Intention des europäischen Gesetzgebers ist es, durch die Schaffung eines einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Streitbeilegungsverfahrens den Verbraucherschutz zu erhöhen und zugleich – durch die Stärkung des Vertrauens in den digitalen Binnenmarkt – Geschäfte über Ländergrenzen hinaus zu fördern.
Zu diesem Zweck soll eine OS-Plattform auf Unionsebene etabliert werden, die als zentrale Anlaufstelle für schlichtungswillige Betroffene dient. Hier sollen allgemeine Informationen zur Online-Streitbeilegung zur Verfügung gestellt werden und eine Beschwerde in allen Amtssprachen der Union eingereicht werden können. Diese soll in der Folge dann an die zuständige Stelle für alternative Streitbeilegung (AS-Stelle) eines jeweiligen Mitgliedsstaates weitergeleitet werden. Die AS-Stellen können – müssen aber nicht – den Disput über die OS-Plattform abwickeln. Daher ist die Verordnung in Zusammenschau mit der Richtlinie über alternative Streitbeilegung für Verbrauchersachen (2013/11/EU) zu sehen, welche die europäischen Mitgliedsstaaten in die Pflicht nimmt und quasi die Einrichtung einer „Zweitjudikative“ zur Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten fordert. In Deutschland soll die Richtlinie durch das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) umgesetzt werden, in dessen Rahmen auch die Schaffung der AS-Stellen in Deutschland geregelt wird.
Die ODR-Verordnung erfasst personell generell alle Unternehmer mit Sitz innerhalb der Europäischen Union, welche Waren und Dienstleistungen (zumindest auch) an Verbraucher innerhalb der Europäischen Union unter Nutzung einer Website oder anderweitig auf elektronischem Weg anbieten und auf diesem Wege Bestellungen ausführen. Nicht erfasst sind danach reine Präsentationsseiten. Die genutzten Seiten müssen dabei nicht notwendigerweise eigene Webseiten sein; vielmehr kann der Anwendungsbereich auch bei Nutzung „offener“ Verkaufsplattformen verwirklicht sein. Weiterhin sind auch in der Europäischen Union niedergelassene Online-Marktplätze erfasst.
Nach ihrem Zweck ist die Verordnung zwar primär auf das Vorgehen eines Verbrauchers gegen einen Unternehmer gerichtet. Die Verordnung gilt aber (mit gewissen Einschränkungen) grundsätzlich vice versa (Art. 2 Abs. 2), vorausgesetzt eine zuständige AS-Stelle übernimmt die Schlichtung von Beschwerden eines Unternehmers gegen einen Verbraucher. Nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen hingegen per se Streitigkeiten im B2B Bereich.
Weiterhin findet die Verordnung auch auf rein inländische Sachverhalte Anwendung.
Damit möglichst viele Verbraucher Kenntnis von der OS-Plattform erlangen, sind Unternehmer und Online-Marktplätze nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 ODR-VO verpflichtet, auf Webseiten einen Link zur OS-Plattform (http://ec.europa.eu/consumers/odr) zu platzieren. Dies gilt unabhängig davon, ob die Inanspruchnahme eines Schlichtungsverfahrens tatsächlich in Erwägung gezogen wird. Ebenso muss ein Unternehmer seine E-Mail-Adresse angeben (Art. 14 Abs. 1 Satz 3 ODR-VO). Hinsichtlich der konkreten Platzierung und/oder der kontextuellen Einbettung der geforderten Informationen macht die Verordnung keine Angaben. Lediglich muss der Link „für Verbraucher leicht zugänglich sein“ (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 ODR-VO). Da ein ähnliches Erfordernis auch mit Blick auf die Impressumspflicht gilt, ist in der Praxis eine Umsetzung der Informationspflichten im Rahmen des (leicht erreichbaren) Impressums naheliegend; zumal hier ohnehin auch die E-Mail-Adresse des Anbieters anzugeben ist. In der Praxis werden Betroffene zwar (noch) mit der Tatsache konfrontiert, dass die Europäische Kommission mit der Erstellung der OS-Plattform in Verzug ist und diese aktuell noch nicht funktionsfähig ist. Nach aktuellem Stand wird dies erst am 15. Februar 2016 der Fall sein. Jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut beeinflusst diese Tatsache die grundsätzliche Informationspflicht aber nicht.
Weitere Informationspflichten könnten sich (allerdings erst später) aus Art. 14. Abs. 2 ODR-VO ergeben. Die Regelung gilt – anders als Art. 14 Abs. 1 ODR-VO – allerdings lediglich für Unternehmer, welche sich verpflichtet haben oder verpflichtet sind, eine AS-Stelle für die Beilegung von Streitigkeiten mit Verbrauchern zu nutzen. Da – entgegen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben – die Richtlinie 2013/11/EU in Deutschland aktuell jedoch noch nicht umgesetzt wurde (dazu noch unten) und die Schaffung von AS-Stellen durch das VSBG somit noch gar nicht erfolgt ist, hat Art. 14 Abs. 2 ODR-VO in Deutschland aktuell noch keine praktische Relevanz. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten Unternehmer hiernach aber verpflichtet sein, zusätzlich über die Möglichkeit zu informieren, die OS-Plattform für die Beilegung ihrer Streitigkeit zu nutzen. Im Übrigen müsste der Link zur OS-Plattform – soweit ein Angebot per E-Mail erfolgt – zusätzlich auch in diese E-Mail eingestellt werden und die genannten Informationen ergänzend auch in die AGB des Unternehmers aufgenommen werden.
Der Vollständigkeit halber sei schon jetzt darauf hingewiesen, dass sich zusätzliche Informationspflichten in einiger Zeit auch aus dem VSBG selbst ergeben werden. So soll nach § 36 VSBG die Verpflichtung bestehen, auf der Webseite sowie in den AGB des Unternehmers mitzuteilen, ob die Bereitschaft oder Verpflichtung besteht, an einem Streitbeilegungsverfahren teilzunehmen. Gegebenenfalls soll auch auf die zuständige AS-Stelle samt Anschrift und Webseite hingewiesen werden und die „Erklärung des Unternehmens, an einem Streitbeilegungsverfahren vor dieser Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen“ erfolgen. Weiterhin sieht § 37 VSBG Informationspflichten nach Entstehen einer Streitigkeit vor. So die Mitteilung der zuständigen AS-Stelle, wieder unter Angabe von Anschrift und Webseite, sowie die Mitteilung hinsichtlich der Bereitschaft zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren. Da das Gesetz aber erst im Dezember 2015 vom Bundestag beschlossen wurde und noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, besteht diesbezüglich noch kein akuter Handlungsbedarf.
Die Folgen eines Verstoßes gegen die Informationspflichten werden durch die Verordnung nicht explizit geregelt. Rechtsfolgen werden vielmehr den jeweiligen nationalen Gesetzgebern überlassen, allerdings unter der Auflage, dass die vorgesehenen Sanktionen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sein müssen (Art. 18 ODR-VO). Aus deutscher Sicht ist insbesondere denkbar, dass ein entsprechender Verstoß als wettbewerbswidrig nach dem Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) qualifiziert wird und daher den Auslöser für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen und/oder entsprechende gerichtliche Inanspruchnahmen darstellen kann. Ob dies auch aktuell – d.h. vor Funktionsbereitschaft der OS-Plattform – schon der Fall ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Um das Risiko einer Inanspruchnahme hier aber möglichst gering zu halten, ist die Aufnahme eines (aktuell ggf. überobligatorischen) Hinweises auf die OS-Plattform und die Einhaltung der dargestellten Informationspflichten bereits zum jetzigen Zeitpunkt zu empfehlen.
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