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Deutschland | Publikation | Oktober 2025
Mit dem Ziel, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung entschlossen zu bekämpfen, haben das Europäische Parlament und der Europäische Rat bereits am 30. Mai 2024 neue gesetzliche Regelungen implementiert, die den Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie des europäischen Finanzsystems stärken. Das AML-Paket umfasst dabei:
Kernbestandteil des AML-Pakets ist insbesondere die AML-VO, die zum 10.07.2027 in Kraft tritt. Damit ersetzt die Verordnung die derzeit geltenden fünf Geldwäsche-Richtlinien und vereinheitlicht die Verpflichtungen der privaten Sektoren innerhalb der EU zur Bekämpfung der Geldwäsche.
Nach den Erwägungsgründen der AML-VO sei Hintergrund der Implementierung einer EU-weiten AML-Verordnung eine Harmonisierung der geldwäscherechtlichen Voraussetzungen für den privaten Sektor. Vor dem Hintergrund, dass in Richtlinien festgelegte Bestimmungen in den EU-Mitgliedstaaten keine unmittelbare Anwendung haben, sondern es erst einer Implementierung in nationales Recht der EU-Staaten bedarf, wurden innerhalb der EU-Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede in der Umsetzung der Richtlinien festgestellt. Aufgrund dessen sah es die EU als notwendig an die Sachverhalte einheitlich zu regeln und eine unmittelbare Anwendung zu gewährleisten, um zu der gewünschten EU-weiten Einheitlichkeit der Anwendung gelangen zu können. Ferner soll die Vereinheitlichung der Vorgaben gleiche Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt schaffen.
Die AML-Verordnung ersetzt daher das Flickwerk nationaler AML-Gesetze durch ein einheitliches, direkt anzuwendendes Regelwerk. Dazu gehören insbesondere einheitliche Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden (Customer Due Diligence – „CDD“), Transparenz hinsichtlich der wirtschaftlichen Eigentumsverhältnisse und Meldepflichten bei verdächtigen Transaktionen, sowie eine Vereinheitlichung der Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorgaben der AML-VO. Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte der AML-VO sowie die gegenwärtigen Regelungen in Deutschland dargestellt. Abschließend werden potenzielle Implikationen auf in Deutschland ansässige und dort tätige Unternehmen aufgezeigt.
In Deutschland ist das Geldwäscherecht derzeit insbesondere im Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten („GwG“) und dem Strafgesetzbuch („StGB“) geregelt. Im StGB normiert § 261 StGB den Straftatbestand der Geldwäsche. Das GwG setzt die bisher geltenden EU-Richtlinien in deutsches Recht um und enthält in § 56 GwG einen Katalog von Ordnungswidrigkeiten bei Verstößen gegen die Vorgaben des GwG. Die zuständigen Aufsichtsbehörden der Verpflichteten sind in § 50 GwG geregelt, die als Verwaltungsbehörden anzusehen sind.
Die Aufsichtsbehörden sind dazu verpflichtet den Verpflichteten regelmäßig Auslegungs- und Anwendungshinweise für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und der internen Sicherungsmaßnahmen nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Verfügung zu stellen.
Erweiterung des Kreises der verpflichteten Unternehmen
Neben dem bislang bereits nach den geltenden Richtlinien bestehenden Kreis der Verpflichteten erweitert die AML-VO den Kreis der Verpflichteten Unternehmen. Zu den neu verpflichteten Unternehmen gehören:
Interne Strategien und Verfahren
Die AML-VO enthält erstmals klare Vorgaben, inwieweit Verpflichtete ihre internen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen ausgestalten müssen. Art. 9 Abs. 2 AML-VO statuiert dabei welche Themenbereiche von den Verpflichteten dabei einbezogen werden müssen und verweist unter anderem auf die Anforderungen der GTVO.
Nach Art. 11 AML-VO müssen die verpflichteten Unternehmen ferner ein Mitglied des Leitungsorgans zum Compliance-Manager benennen, dessen Aufgabe es unter anderem ist, sicherzustellen, dass die internen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen der verpflichteten Unternehmen mit dem Risikoaufkommen im Einklang stehen und entsprechend umgesetzt werden. Der Compliance-Manager trägt Verantwortung über die Ermittlung von Informationen über signifikante oder materielle Schwachstellen in den internen Richtlinien, Verfahren und Kontrollen, sowie entsprechende Berichtspflichten. Neben einem Compliance-Manager ist der Geldwäschebeauftragte für die Richtlinien, Verfahren und Kontrollen im Tagesgeschäft und für die Umsetzung gezielter Finanzsanktionen verantwortlich. Der Geldwäschebeauftragte dient als Kontaktstelle für Behörden und ist zur Meldung verdächtiger Transaktionen zuständig.
Die AML-VO konkretisiert nunmehr auch gruppenweite Anforderungen. Demnach haben Mutterunternehmen sicherzustellen, dass Tochterunternehmen die internen Verfahren einhalten. Gruppenunternehmen werden dazu verpflichtet, gruppenweite Strategien, Verfahren und Kontrollen festzusetzen und gruppenweite Risikobewertungen durchzuführen. Weiterhin müssen Gruppenunternehmen einen Compliance-Manager und, soweit aufgrund der Tätigkeit gerechtfertigt, einen gruppenweiten Geldwäschebeauftragten ernennen.
Verschärfte Anforderungen an die wirtschaftlichen Eigentümer
Hauptbestandteil der AML-VO ist ferner die Harmonisierung der Ermittlung der wirtschaftlichen Eigentümer im Rahmen der CDD. Grundsätzlich werden Unternehmen dazu verpflichtet, die Informationen über ihre wirtschaftlichen Eigentümer zu überprüfen und auf dem neuesten Stand halten. Während die Schwelle für die Identifizierung wirtschaftlicher Eigentümer bisher bei über 25 % lag, senkt die AML-VO die Schwelle auf 25 % oder mehr. Darüber hinaus kann in bestimmten Fällen mit hohem Risiko künftig eine niedrigere Schwelle von mindestens 15 % gelten.
Die EU setzt im Rahmen der AML-VO ferner Standards, wie das wirtschaftliche Eigentum ermittelt wird. Bislang war die Berechnungsmethode des wirtschaftlichen Eigentums Sache der Mitgliedsstaaten, so dass EU-weit unterschiedliche Berechnungsmethoden angewendet wurden. Nach Art. 52 Abs. 1 S. 2 AML-VO soll die indirekte Beteiligung im Rahmen von mehrstufigen Beteiligungsstrukturen durch die Multiplikation der Kapitalanteile bzw. Stimmrechte bestimmt werden. Somit hat sich das sogenannte Durchrechnungsprinzip durchgesetzt. Zu beachten ist dabei, dass nach Art. 52 Abs. 1 S.2 AML-VO die errechneten Anteile aus verschiedenen Beteiligungsketten addiert werden müssen.
Von großer Bedeutung ist ferner die Pflicht zur Einholung von weitreichenden Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer. Während es nach den bisherigen gesetzlichen Vorgaben nur verpflichtend war, den wirtschaftlichen Eigentümers zu identifizieren und weitere Informationen lediglich risikobasiert einzuholen waren, verpflichtet die AML-VO, dass sämtliche Vor- und Nachnamen, Geburtsort und vollständiges Geburtsdatum, Wohnanschrift, Land des Wohnsitzes und Staatsangehörigkeit(en) des wirtschaftlichen Eigentümers, die Nummer eines Ausweisdokuments (z.B. Pass oder Personalausweis) und, sofern vorhanden, eindeutige persönliche Identifikationsnummer, die der Person vom Land ihres gewöhnlichen Aufenthalts zugewiesen wurde, sowie eine allgemeine Beschreibung der Quellen dieser Nummern von den Verpflichteten einzuholen sind.
Überarbeitete CDD- und Aufbewahrungspflichten
Wie bereits in den AML-Richtlinien ist Grundstein der geldwäscherechtlichen Vorgaben weiterhin die Anwendung des risikobasierten Grundsatzes. Der risikobasierte Ansatz ist dabei keine Option, die den Verpflichteten übergroße Freiheiten einräumt, sondern führt vielmehr zu einer faktengestützten Entscheidungsfindung der Verpflichteten. Daneben findet der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit weiterhin Anwendung. Eine Neuerung der CDD-Maßnahmen ist insbesondere die Verpflichtung zur Überprüfung der betreffenden Kunden oder deren wirtschaftlicher Eigentümer im Hinblick auf gezielte Finanzsanktionen und somit die Vermengung der geldwäscherechtlichen Verpflichtungen mit den Verpflichtungen im Rahmen von Finanzsanktionen.
Die AML-Verordnung schreibt daneben vor, dass Unternehmen die Aufzeichnungen mindestens fünf (5) Jahre lang aufbewahren müssen. Unternehmen müssen ferner die Zugänglichkeit zu der Dokumentation für die zuständigen Behörden sicherstellen.
Sanktionen und Durchsetzung
Als Teil des AML-Pakets wurde eine neue dezentrale EU-AML-Behörde („AMLA“) eingerichtet, die technische Standards und Leitlinien für die in der AML-Verordnung festgelegten Anforderungen einführen und als Aufsichtsbehörde fungiert. Die AMLA, mit Sitz in Frankfurt am Main, arbeitet dabei eng mit den weiteren europäischen Aufsichtsbehörden, beispielsweise der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority - „EBA“), zusammen.
Im Rahmen ihrer Tätigkeit wird die AMLA insbesondere dazu befugt sein, im Falle von Verstößen gegen die anwendbaren Regelungen teilweise signifikante Verwaltungssanktionen zu verhängen, darunter Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des Jahresumsatzes oder 10 Millionen Euro, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Darüber hinaus veröffentlicht die AMLA jede Entscheidung, mit der Geldstrafen oder Zwangsgelder verhängt oder Verwaltungsmaßnahmen angewendet werden, einschließlich Informationen über die Art und den Charakter des Verstoßes, die Identität der verantwortlichen Person und, im Falle von Geldstrafen oder Zwangsgeldern, deren Höhe.
Den nationalen Behörden bleibt zudem die Kompetenz, gemäß ihrer jeweiligen lokalen Gesetze Geldbußen und Sanktionen im Falle von Verstößen gegen die AML-VO zu verhängen. Die Sanktionierung soll dabei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Bis zum 10.07.2026 veröffentlicht die Kommission ergänzend delegierte Rechtsakte, die die Anforderungen an die Sanktionen weiter konkretisieren. Die Sanktionierungen bei Verstößen sollen daher zukünftig auf Basis eines harmonisierten europäischen Regelwerks erfolgen.
Die AML-VO verschärft die Verantwortungen der verpflichteten Unternehmen im Rahmen der Geldwäscheprävention erheblich. Verpflichtete Unternehmen sind daher angehalten, ihre derzeitigen Compliance-Prozesse im Zusammenhang mit Geldwäscheprävention zu überprüfen und mit den neuen Anforderungen in Einklang zu bringen, bevor die AML-VO am 10.07.2027 in Kraft tritt.
Durch die Erweiterung des Kreises der Verpflichteten sollten auch Unternehmen die bisher nicht von den geldwäscherechtlichen Compliance-Pflichten erfasst waren überprüfen, ob sie zukünftig in den Anwendungsbereich der AML-VO fallen. Mitunter werden sich Verpflichtete in EU-Mitgliedstaaten, bei denen die Ermittlung des wirtschaftlichen Eigentums nicht auf dem Durchrechnungsprinzip beruht, nunmehr gezwungen sehen, ihre Praxis anzupassen, auch wenn es sich dabei vormals um die gängige Praxis des EU-Mitgliedstaats und deren respektiver Aufsichtsbehörden handelte. Die AML-VO verpflichtet Unternehmen weiterhin, dass sie neben den bereits tätigen Geldwäschebeauftragten die Position des Compliance-Managers schaffen, der weiterführende Aufsichts- und Kontrollpflichten hält.
Im Rahmen der AML-VO wurde die AMLA mandatiert Leitlinien für Verpflichtete herauszugeben, die den Verpflichteten als Orientierung dienen, um die Anforderungen der AML-VO sachgerecht, insbesondere im Hinblick auf die Durchführung der CDD-Verpflichtungen umzusetzen. Da die AMLA ihre operative Tätigkeit erst am 01.07.2025 aufgenommen hat, hat die EBA vorübergehend Aufgaben übernommen, die künftig der AMLA zufallen. Bereits am 06.03.2025 veröffentlichte die EBA daher ein Konsultationspapier, das vier Entwürfe für technische Standards enthält, mitunter der künftigen Anforderungen an die CDD nach Art. 28 AML-VO. Letztendlich ist jedoch abzuwarten, inwieweit die von der EBA und AMLA ausgearbeiteten Leitlinien final veröffentlicht werden, so dass Verpflichtete ihre Systeme entsprechend anpassen können.
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Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022 haben westliche Staaten umfassende Sanktionen gegen Russland verhängt, wobei die EU ihr Sanktionsregime konsequent fortsetzt.
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Das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in der Rechtssache Sony v. Datel (BGH, 31.07.2025 – I ZR 157/21, Action Replay II) (das „Urteil”) klärt eine bislang umstrittene Frage: Wann stellt die Manipulation von RAM-Daten eine urheberrechtsrelevante Bearbeitung von Software dar?
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